MIKROALGE CHLORELLA: „WIESO? WESHALB? WARUM?“

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2015-12-06 23:14:00 / Aktuelles / Kommentare 0
MIKROALGE CHLORELLA: „WIESO? WESHALB? WARUM?“ -

Seit den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts beschäftigt man sich intensiv mit der Erforschung und dem Anbau von Mikroalgen. Wieso? – Die ursprünglich Frage war: Wie kann man die ständig wachsende Weltbevölkerung mit ausreichend Protein versorgen… Beispiel: Chlorella, eine dieser Mikroalgen, besteht im getrockneten Zustand zur Hälfte aus reinem Protein und die Wachstumsraten und Ausbeuten pro Fläche sind um ein Vielfaches höher als bei Landpflanzen. Außerdem gedeiht sie im Wasser und steht damit nicht unbedingt in Konkurrenz zum Anbau anderer (Land-)pflanzen. Sie diente auch als Modellorganismus für die Erforschung der Photosynthese und gehört heute zu den am besten untersuchten Pflanzen überhaupt. In den 70ern entstanden die ersten Produktionsanlagen in Asien, im Jahr 2000 eine Algenfarm in Deutschland. Chlorella ist heute z.B. als Pulver oder Pressling verfügbar. Mittlerweile ist Chlorella nicht mehr nur wegen ihres Proteingehaltes für die Ernährung interessant, sondern wegen vielzähliger hochkonzentrierter Inhaltsstoffe (Vitamin B12, Lutein, Eisen, …) und ihrer positiven Wirkung auf den Organismus. Eines der größten Europäischen Forschungsprojekte, ALGOHUBTM, beschäftigt sich derzeit intensiv mit dem Potential dieser und anderer Algen.

Chlorella: Lichtmikroskopische Aufnahme (linkes Bild, 400-fache Vergrößerung) und gut durchmischte Kultur (rechtes Bild). Die einzellige Pflanze hat einen Durchmesser von nur 4-8 μm und ist damit ungefähr so groß wie ein rotes Blutkörperchen. „Chlorella“ heißt übersetzt: Die „kleine Grün-Gelbe“…


Ausgewählte Inhaltsstoffe


Protein
Chlorella – Pulver oder – Presslinge bestehen zu 45 – 55 Prozent aus reinem Protein. Der sogenannte „Amino Acid Score (AAS)“ der 9 essentiellen Aminosäuren liegt bei über 100, ein Zeiger für ein sehr hochwertiges Aminosäureprofil. Referenz: FAO/WHO/UNU 2008


Vitamin B12
Vitamin B12 wird ausschließlich von Bakterien synthetisiert und akkumuliert sich bei Tieren in der Nahrungskette. Pflanzen enthalten normalerweise wenig oder gar kein B12. Eine Ausnahme bilden bestimmte Algen, wie Porphyra (Nori/Sushi), Spirulina oder Chlorella. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede in der Bioverfügbarkeit des Vitamins! Das Vitamin aus der Pflanze Chlorella ist gut bioverfügbar, was mittlerweile in mehreren unabhängigen Studien nachgewiesen wurde. Schon 3g können bis zu 120% der empfohlenen Tagesdosis enthalten. In der bakteriellen Blaualge Spirulina dominiert dagegen das sogenannte Pseudovitamin B12 (ein inaktives Corrinoid) und ist damit keine geeignete Quelle für Vitamin B12. Referenz: Ullmann J.; Ecke M.: OM & Ernährung; Nr. 137; 2011

Grafische Darstellung des Vitamin B12 – Gehaltes in unterschiedlichen Lebensmitteln.
Quelle: USDA National Nutrient Database for Standard Reference, release 18 und eigene Untersuchungen (aus: Ullmann J.; Ecke M.: OM & Ernährung; Nr. 137; 2011)


Häufig gestellte Fragen


Gesundheitliche Wirkungen
In Asien hat Chlorella seit Jahrzehnten ihren festen Platz als Bestandteil einer gesunden Ernährung. Es gibt eine ganze Reihe an wissenschaftlichen Publikationen, die den Einfluss von Chlorella auf den menschlichen Organismus untersucht haben. Große Forschungsprojekte beschäftigen sich derzeit mit der Isolierung und Charakterisierung von biologisch aktiven Substanzen.


Warum werden die Wirkungen nicht beworben? Gesundheitsbezogene Aussagen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Lebensmitteln sind problematisch und stark reglementiert (EFSA (European Food Safety Authority) & Claims; Health-Claims-Verordnung).
 

Entgiftung
Chlorella ist in der Lage Schwermetalle (und andere Toxine z.B. Dioxin) zu binden. Dies ist zum Beispiel auch der Grund, warum Chlorella für die Aufbereitung belasteter Abwässer untersucht und eingesetzt wird. Als Mechanismen werden die Adsorption an bestimmte Zellwandbestandteile, die Komplexbildung durch Phytochelatine und (im Organismus) die Stimulation der körpereigenen Entgiftung diskutiert. Referenz: Ecke M.; Ullmann J.: OM & Ernährung; Nr. 129; 2009


Spirulina / AFA / Chlorella
Alge ist nicht gleich Alge. Spirulina und AFA gehören zu den Blaualgen (Cyanobakterien), sind also Bakterien. Chlorella gehört als Alge im eigentlichen Sinn zu den Pflanzen.


Von dem Verzehr von AFA – Algen wird abgeraten. Diese werden aus dem Klamath – See (USA) geernet und sind häufig mit Blaualgentoxinen (Microcystinen (Lebergifte)) verunreinigt. Referenz: Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV); 08/2002

Chlorella pyrenoidosa / Chlorella vulgaris
Die oben Genannten sind die häufigsten Chlorella – „Arten“ auf dem Markt. Bei C. pyrenoidosa handelt es sich allerdings um einen veralteten Begriff. Diese Art gibt es nicht (mehr). Der Grund: Früher konnten die Arten phänotypisch nicht sicher unterschieden werden. Mittlerweile stehen bessere Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Es sind nunmehr 3 Chlorella – Arten beschrieben, eine davon ist die C. vulgaris. Übrigens: Untersuchungen zeigten, dass es sich bei 70% der als C. pyrenoidosa verkauften Produkte um C. vulgaris handelte.


Anbau & Herkunft
Chlorella wird in Asien (Japan, Südkorea, Taiwan, China) und in Deutschland angebaut, dabei kommen unterschiedliche Anbaumethoden zum Einsatz: offene Beton- oder Foliebecken, Fermenter oder Glasröhrensysteme.


Fazit
Wir kennen heute ca. 30.000 Algenarten und vermuten, dass es mindestens 300.000 auf unserer Erde gibt. Der Mensch nutzt heute erst ein paar Dutzend. Wir stehen also sicherlich erst am Anfang, das großartige Potential dieser Pflanzengruppe zu nutzen.
Aber schon heute stellen Algen, wie die Chlorella, eine wertvolle Quelle für bestimmte natürliche Inhaltsstoffe dar und können zu einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung beitragen.
Da sich zur Zeit verschiedene große Forschungsprojekte mit der gesamten Thematik befassen, werden wir in der nächsten Zeit viele neue Algenarten kennenlernen und noch viel mehr über Inhaltsstoffe und deren Wirkungen erfahren.
Es bleibt spannend!


"Man kann gegen Algen sagen, was man will: Sie enthalten alle wichtigen Vitamine und Aufbaustoffe, die ein kleiner Blaubär zum Wachstum braucht, …“
aus Walter Moers; Die 13½ Leben des Käpt`n Blaubär


Jörg Ullmann; Kontakt: j.ullmann at aol.de

Phykologe / Algenexperte; Mitglied der Deutschen Botanischen Gesellschaft
Wissenschaftlicher Projektleiter
Leitet Europas größte Algenfarm

Referenzen (Auswahl):
ARTE-Reportage: „Algen – die Alleskönner“; 2007
OM & Ernährung: „Chlorella – neue Wege der Prävention und Heilung“; Nr. 127; 2009
OM & Ernährung: „Der Einsatz von Chlorella vulgaris Mikroalgen zur Schwermetallausleitung aus naturwissenschaftlicher Sicht“; Nr. 129; 2009
ARTE/ZDF-Reportage: „Planet Plankton“; 2011
OM & Ernährung: „Chlorella vulgaris – Pflanzliche Quelle für hochkonzentriertes und bioverfügbares Vitamin B12“; Nr. 137; 2011